Off Road

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Am Sonntag, nachdem wir den Morgen vertrödelt haben, ging es dann endlich los. Wir sind die Küste hochgefahren, haben ein obligatorisches Schiffswrack-Foto gemacht und haben natürlich in Cape Cross, dem Sagen nach, die größte Seelöwenkolonie der Welt bestaunt.

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Irgendwie war das ein solala Erlebnis. Wir haben diesen Teil bei unseren vorherigen Besuchen in Namibia immer wieder gestrichen, weil wir es nicht für so bedeutend empfanden. Das war auch gar nicht so falsch, weil am Strand liegende Seelöwen haben wir schon etliche gesehen und einen so großen Eindruck machte die Kolonie auch nicht. Mal abgesehen vom Gestank, der sich in Grenzen hielt, da haben wir schon Schlimmeres erlebt, sind uns vor allem die Massen an toten jungen Robben aufgefallen. Irgendwie war das ganze ein wenig trostlos. Nun denn, wir waren da, haben ein paar Fotos gemacht und Haken dran. Weiter geht’s.

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Nach wenigen Kilometern ging es dann endlich über Buckelpisten landeinwärts. Der erste Teil Richtung Messum Crater, glich einem Highway in die Wildnis. Nicht, dass wir ein anderes Fahrzeug gesehen hätten, aber die pure Anzahl an Tracks die durch diesen Teil der Natur gezeichnet ist, lässt darauf deuten, dass hier schon eine Menge Leute ihren Spaß hatten – oder um es konservativer im Sinne der Conservancy auszudrücken, die Natur verwüstet haben. Man muss wissen, dass ein Auto, welches durch die Wildnis fährt, Spuren hinterlässt und abhängig von dem Terrain, diese Spuren sehr viel zerstören können und vor allem sehr lange erhalten bleiben. Aber warum sollte hier mehr Vernunft herrschen, als anderswo in der Welt? Genau. Macht keinen Sinn, also ist es so wie es ist.

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Als wir am Messum Crater ankamen, kam ein Typ vorbeigefahren, hat einen Kreis gedreht, genau dort wo wir geparkt haben und so unmittelbar wie er gekommen ist, er ist natürlich nicht ausgestiegen, ist er auch wieder verschwunden. Er war die letzte Person, die wir an diesem Tage zu Gesicht bekamen.

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Unser Weg ging weiter am Brandberg vorbei und Dank eines Tips von Eugene, sind wir nicht bis zum Ugab Rhino Camp gefahren, sondern haben uns vorher abseits der Piste, einen traumhaften Lagerplatz hinter ein paar Hügeln im Nirgendwo gesucht.

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Mitten im Nirgendwo, ganz allein. Irgendwie ein wenig scary, weil normalerweise ist doch immer irgendjemand in der Nähe, man ist doch nie alleine. Hier war das aber genau der Fall. Die Ruhe war so durchdringend. Es gab nichts außer dem Wind und unserem Lagerfeuer, dem man lauschen konnte. Ab und zu gab es ein paar Vögel, die man hörte, aber das war es. Sonst war es still und es war dunkel. Richtig dunkel. Der Mond ging erst mitten in der Nacht auf und erhellte alles. Doch zuvor war es einfach dunkel und wir genossen den Anblick des Sternenmeers und schwiegen in der unendlichen Ruhe. Genau einer dieser Momente, der uns in die Wildnis zieht.

Nach dem obligatorischen Latte Macchiato am nächsten Morgen, frisch war es, führte unsere Route hinunter zum Ugab River, am Ugab Rhino Camp vorbei, durch das Desolation Valley, entlang des Huab Rivers, bis in das Herz des Damaralands.

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Heute sollte uns Humphrey das erste Mal zeigen, was er auf dem Kasten hat, und wir ihm, wie aufregend das alles ist. Die letzten Meter hinunter zum Ugab waren steinig, felsig und Humphrey musste sich langsam im Low Gear (Untersetzungsgetriebe) hinunter in das Tal arbeiten. Vorgeschmack, Vorgeschmack.

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Kurz nach dem wir den Ugab durchquert haben, ging es wieder bergauf. An ein, zwei Stellen sogar sehr steil und an einer war es extrem glitschig, weil Wasser von den Bergen den Weg hinunterfloss. Wir hatten keine Chance hoch zu kommen. Die Räder drehten durch und der Puls stieg. Neuer Versuch, Räder drehten durch, Puls stieg immer weiter. Bis der Navigator auf die Idee kam, das ich doch mal die Differentialsperre einlegen sollte. Bisher haben wir diese nicht benutzt und die Aufregung hat wohl den Zugriff auf mein Gehirn für den Moment nicht zugelassen. Also ein wenig zurückgerollt, Diff Lock aktiviert und Humphrey ist wie eine Raubkatze, ohne auch nur den Ansatz einer Überanstrengung, diese Stelle hinauf geklettert. Fazit: Dummer Anfängerfehler. Nicht nachmachen. Als wir ein paar Minuten später unseren Frühstücksstop eingelegt haben, hat sich die Aufregung gelegt. War eine gute Lektion.

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Weiter ging es dann durch das Desolation Valley. Der Ort trägt seinen Namen zurecht. Es ist weit, leer und weit. An dieser Stelle kann ich kurz gestehen, dass ich beim ersten Flug mit der Drohne, die Landung verbockt habe, und erst mal ein wenig Sand in die Rotorspulen geschaufelt habe. Was ein Glück das man Sand zermahlen kann. Mit ein wenig Klopfen, Drehen, Schütteln, Drehen und ein wenig Luft aus dem Kompressor, wurde das gute Stück wieder flugtauglich gemacht. So konnten wir es während wir im Desolation Valley unterwegs waren für ein paar Minuten hinter uns her fliegen lassen. Das war auch aufregend. Eigentlich sind die Bilder mit der Drone wirklich super, aber es ist immer ein ganz schöner Akt. Zumindest kommt es mir so vor. Bewegtes Bild gibt es, wenn überhaupt erst, wenn wir wieder daheim sind. Im Gegenzug haben wir ein paar Bilder von uns, aus dem Desolation Valley.

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Nachdem wir das Desolation Valley durchquert hatten, ging es hinab zum Huab River. Hier hatten wir die eine oder andere Situation, in der Humphrey sich mit allem, was er hat, den Berg hinunter ins Tal geackert hat. Im kleinsten Gang im Untersetzungsgetriebe, Diff Lock aktiviert, über Steine,  ziemlich steil bergab. Aufregend, aufregend, aufregend. War aber noch nicht alles für den Tag.

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Unten im Flussbett angekommen hatte meine vorher gezeichnete Route nicht mehr soviel mit der Wirklichkeit zu tun. So ein Flussbett lebt halt. D.h. die Tracks verliefen jetzt links oder rechts von dem was ich gezeichnet hatte. Der Navigator scheute keine Mühen, nach dem richtigen Weg Ausschau zu halten und hatte nach einem Moment der Ahnungslosigkeit den passenden Weg ausgemacht.

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So kam es auch, dass wir unsere erste Wasserdurchquerung hatten. Das Wasser war eher ein Wässerchen, aber die Anfahrt zum Wasser war eine abfallende Traverse und wie das so ist, wenn man das eine oder andere noch nicht gemacht hat, es ist aufregend. Wir also ausgestiegen, den Track gelesen, besprochen wo es lang gehen soll und wieder eingestiegen. Das Problem mit der Anfahrt zum Wasser war aber, dass ich den Track nicht sehen konnte, er fiel vor mir ab. Also ist der Navigator, unter Einsatz seines Lebens, zum Einweisen ausgestiegen und hat Humphrey den Weg gewiesen. Ich also mit Humphrey in das Flussbettchen und habe den zweiten, dummen Fehler des Tages gemacht. Ich bin im Schlamm stehen geblieben, aber nur, weil ich nicht wollte, dass der Navigator durch das Wasser waten musste. Der Navigator meinte ich soll gefälligst weiterfahren und das habe ich dann auch gemacht. War auch kein Problem aus der Position herauszufahren, weil das Flussbettchen, eben nur ein Bettchen war. Wäre ich mit allen Vieren im Schlamm gewesen, wäre das mit den Anfahren sicherlich nicht so einfach gewesen. So hatte ich aber noch genug Traktion. Das nächste was ich zu sehen bekommen habe, war der Navigator mit zwei in Matsch gebadeten Füßen. Da wir mit jeder Menge Wasser unterwegs waren, gab es als Belohnung eine Fusswäsche und natürlich Zuwendung. Hilft beim Navigator immer.

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Weiter ging es durch das sandige, ausgetrocknete Flussbett, durch hohes Grass, entlang von zwei Meter hohen Sandbänken und diese dann mit Schwung wieder hoch. Da der Track an der einen oder anderen Stelle nicht mehr so gut lesbar war, mussten wir noch zwei, dreimal aussteigen und sind auf der Suche nach dem richtigen Weg durch die Wildnis gelaufen. Irgendwann war dann der Navigator verschwunden und ich fing an mir Sorgen zu machen. Das war aber nur von kurzer Dauer, der Navigator kam mit einem Plan und dem richtigen Track zurück. Nachdem wir dann den grüneren, bewachsenen Teil des Flussbetts hinter uns gelassen haben, blies der Wind mit vollem Schwung von hinten und wir sind das eine oder andere mal von dem selbstaufgewirbelten Sand in Blindheit geendet. Ein kurzer Stop hat das Problem wieder gelöst.

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Als wir dann gedacht aus dem Gröbsten heraus waren, haben wir eine kleine Pause gemacht, um ein wenig zu essen. Aber so eine Pause sieht bei den Walentin’s nicht wie eine herkömmliche Pause aus. Während des Essen hatte ich die großartige Idee ein Foto von uns zu machen. Also Kamera probiert auf dem Stein zu postieren. Gedankenblitz. Nehme doch den Bohnensack. Für alle die es nicht wissen: ein Bohnensack ist ein Sack, in den man Bohnen packt, den man dann als Unterlage für schwere Objektive nutzen kann. Also quasi als Stativ. Bohnensack über die Scheibe hängen, Stativ auflegen, scharfe Bilder bekommen. Also Bohnensack aus dem Auto holen. Hört sich einfach an, wäre es auch, wenn da nicht mein Packwahn die Gesetze der Physik missachtet hätte. Ich war nämlich ganz schlau und habe den Bohnensack mit viel Gefühl hinter die Mittelkonsole gezwängt. Dafür musste ich ihn gleichmäßig plätten, also nicht die Bohnen, habe nämlich Reis eingefüllt. Nur leider, leider habe ich das Gesetz der Schwerkraft und das Gesetz des Raums missachtet. Während wir nämlich so durch Namibia schaukelten, hat sich das Reis und somit der Bohnensack genau diesen Gesetzen hingegeben und hat sich unterhalb, in der Breite ausgedehnt. Also Sitze nach vorn geschoben, Lehne nach vorne gedreht und mit dem Gefummel angefangen. Dabei musste natürlich eine Naht vom Bohnensack reißen. Nennen wir ihn ab jetzt der Einfachheit halber Reissack. Damit hatten wir also Reis im Auto, an schwer zugänglichen Stellen und noch immer den Reissack eingeklemmt hinter der Mittelkonsole. Lange Rede, kurzer Sinn, hier war ein Profi am Werk. Wir konnten das Problem lösen, aber die Pause, hat eine andere Wendung genommen, als angenommen. Am Ende gab es dann noch ein Foto, kein Selfie, ich zog es vor, einfach ein nicht auf dem Bild zu sein.

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Auf unserem letzen Teilstück fing dann der Wind richtig an zu blasen, die ganze Luft war Sand verhangen und wir sind weiter durch den Huab gerauscht, auf dem Weg zu unserem Lager. Der letzte Teil der Tagestour war interessant, weil wir hier schon auf unseren anderen Reisen in Namibia waren und den ein oder anderen Punkt gesehen haben, den wir schon kannten. Leider liess der Sandsturm es nicht wirklich zu, ein paar Erinnerungsfotos zu schießen.

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Nach einem sehr, sehr langen Tag. Nach elf Stunden on Tour und extrem viel Aufregung, haben wir endlich das Lager aufgeschlagen.  Was ein Tag.

5 Gedanken zu “Off Road

  1. Cool! Nice adventure and beautiful pics!
    And haha, no time for just enjoying a break, every moment is picture moment 🙂
    Have a fun and safe trip! Looking forward to your updates!
    Cheers

  2. Na das klingt ja so als ob sich Euer Fahrtraining gelohnt hat! Weiterhin viel Spaß- und nicht zu viel Aufregung! Und hoffentlich regelmäßig Internet – hatten uns schon langsam Sorgen gemacht! Lg

  3. Hallo ihr beiden,

    5 Uhr morgens – ich klicke nur mal rein – nun sitze ich schon 20 Minuten im Dunkel auf der Couch und lache mich schlapp. Viel Spaß und Glück. Viele weitere Blogs bitte.

    Viele Grüße Oliver

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