Flying West

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Nachdem wir eine Woche im Kgalagadi verbracht haben, war Sinn und Zweck der zweiten Woche nach Süden zu fahren, bis an das Kap. Dafür mussten wir aber erst mal nach Westen fahren. Auf dem Weg zum Kap wollten wir in Namibia, als auch in Südafrika, weitere Sehenswürdigkeiten anschauen, die wir bisher immer gestrichen haben, weil es zu viel Aufwand gewesen wäre, zu viele Kilometer. Diesmal waren wir bereit für die Kilometer, auch wenn wir im Nachhinein eines Besseren belehrt wurden.

Die erste Sehenswürdigkeit, die auf der Liste noch nicht mit einem Haken versehen war, war der Fish River Canyon, auch bekannt als der kleine Bruder des Grand Canyon. Wir sind also vom Kgalagadi über Keetmanshopp zum Fish River Canyon gefahren. Mal eben wieder 450 km über die Buckelpiste geackert. Auf dem Weg dorthin, haben wir ein paar nette Zwischenstops gehabt.

Da wäre zum einen der Köcherbaumwald. Der Köcherbaum heißt Köcherbaum, weil die San, eines der Ureinwohnervölker Südafrikas, aus dem Baum Köcher gebastelt haben, weil die Rinde so elastisch ist. Tatsächlich ist es so, dass sich die Rinde, verglichen mit dem gewohnt robusten Baum in Germania, vergleichsweise weich anfühlt. Köcherbaumwald – abgehakt.

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Natürlich wurde auch jedwede Möglichkeit genutzt, sich den wilden Tieren zu nähern. Dieser Gefährte war alles andere als scheu. Das untere Foto wurde mit einer Brennweite von nur 84mm aufgenommen. Sprich er hat die Linse fast im Auge gehabt. Ziemlich entspannter Dude.

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Achso, neben den Köcherbäumen gab es auch noch den “Spielplatz der Riesen”. Ein ewig großes Feld von gestapelten Steinen, eben irgendwie künstlich gestapelt. Haben wir uns natürlich auch angeschaut. Haken dran.

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Dann kam das Highlight in Keetmanshoop. Auf der letzten Campsite – wir waren am letzten Abend so frei, kein Feuer zu machen und nicht selber zu kochen – waren wir in der angrenzenden Lodge essen und haben uns leckeres Fleisch servieren lassen. Da wir leckeres Fleisch sehr lecker finden, haben wir gefragt, woher sie das Fleisch beziehen. Antwort: Fleischerei in Keetmanshoop. Also war klar, unser Ziel ist die Fleischerei in Keetmanshoop. Auf der Fahrt, es wird ja bei den Walentins durchgehend geplant und der Zeitplan aktualisiert, kam schon die Frage auf, wann wir denn in Keetmanshoop aufschlagen werden. Mir war klar, dass wir, mit Abstecher zu den Bäumen und Steinen, so ziemlich genau in der Mittagspause ankommen würden. Es gab natürlich eine Diskussion darüber, ob der Fleischer Mittagspause hat oder nicht. Der Fahrer hat in diesem Fall recht behalten. Von daher haben wir zuerst den Spar besucht, dann den Gemüsehändler und am Ende dann, nach der Mittagspause, den Fleischer. Das was hier folgt ist zweimal Rinderfilet, frisch vom geschlachteten Rind und zweimal Spießbock, auch bekannt als Gemsbock oder Oryx. Fleischqualität vom Feinsten. Wie jeder ersehen kann, reden wir hier von ca. 400 Gramm zum Preis von, tara, 2,70€. Gemüse ist hier unten übrigens teurer als Fleisch. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie gut das Fleisch geschmeckt hat. Das kann man aber über jedes Fleisch sagen, das wir hier unten konsumiert haben.

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Weiter ging es dann in Richtung Südwesten, zum Fish River Canyon. Der längste Fluss Namibias mit einer Länge von über 650km. Der Canyon ist 160km lang, an seiner breitesten Stelle misst er 27km und ist für den Selbstmord mit einer Höhe von 550 Metern hervorragend geeignet. Zusammengefasst – der zweitgrößte Canyon der Welt. Haken dran.

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Weiter ging es dann Richtung Westen nach Aus, um am folgenden Tag Kolmanskop zu besuchen. Wir hatten uns bewusst entschieden, nicht bis nach Lüderitz zu fahren, das hätte uns zwar am nächsten Morgen eine Stunde Fahrt erspart, aber wir konnten und wollten diesen Betrüger Lüderitz nicht unterstützen. Betrug? Franz Adolf Eduard Lüderitz war der erste deutsche Landbesitzer in Namibia, sozusagen die Saat des Unheils. Der Ursprung für Deutsch-Südwestafrika. Er entsandte 1882 Heinrich Vogelsang und der gute Herr war so clever, in einem Vertrag über den Erwerb von Land, den er mit einem Nama Kapitän geschlossen hat (Nama sind auch eines dieser Völker, die schon vor allen anderen hier unten waren), von Meilen zu sprechen, aber nicht näher zu definieren, ob er von den englischen Meilen sprach, 1,6km oder von den “deutschen Meilen” die, guck mal einer schau, 7,5km lang waren. Der gute Deutsche bestand natürlich auf deutschen Meilen und setzte sich trotz Protesten damit durch. Den gleichen Trick haben die Herren noch einmal angewandt, um ihr Land, den Grundstock der deutschen Kolonie, zu erweitern. Wir wissen halt wie es geht. Auch wenn das heutige Lüderitz nichts dafür kann, muss man Zeichen setzen.

Okay, das war lange her. Vergessen wir das mal und denken uns zurück in die Gegenwart. Wir also auf unserem Weg gen Westen. Wasser auf der Strecke wurde inspiziert, man will ja nicht baden gehen, wildes Getier wurde mit klaren Anweisungen aus dem Weg geräumt und das Gaspedal wurde heruntergedrückt. Heute nur 260km. Lächerlich.

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Vorteilhaft an “nur” 260km, ist das zeitige Erscheinen auf der Campsite. Nicht nur, dass man noch eine Wahl hat, wo man sein Lager aufschlagen möchte, sondern einfach weil man Zeit hat. Zeit Besuch zu empfangen, auch nicht eingeladenen Besuch. Wie z.B. der kleine Onkel hier. Sona war gerade dabei, das leckere Fleisch zuzubereiten, welches ich dokumentierte, als dann plötzlich der Besuch neben mir stand.

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Jetzt muss man wissen, dass die Ecke hier bekannt ist für wilde Pferde, der Besuch also nicht wirklich komplett unerwartet gekommen ist, aber wir uns doch gefragt haben, was der kleine Onkel denn von uns wollte. Wir sind nicht davon ausgegangen, dass er unser Fleisch wollte. Wasser wollte er auch nicht und reden, wie Mr. Ed, konnte er zu unserer Enttäuschung auch nicht. Ich bin der festen Überzeugung, dass der kleine Onkel nicht in eigener Mission unterwegs war, er war nicht mehr und nicht weniger als ein Kundschafter. Dazu gleich mehr. Erst mal gab es leckeres Essen und ganz viel Vollmond.

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Vielleicht war der Mond Schuld, wir werden es nicht wissen, aber in dieser Nacht offenbarte sich, warum der kleine Onkel uns zuvor ausgekundschaftet hatte. Der Vollmond ist in Abwesenheit vom künstlichem Licht dermaßen hell, dass man ohne Taschenlampe nachts umher wandern kann. Von daher haben wir in dieser Nacht mal wieder alles abgedunkelt, um einen ruhigen Schlaf zu haben. Das ging auch eine Weile lang gut, bis ich von einem recht unnatürlichem Schaukeln wach wurde. Mein erster Verdacht fiel auf den Wind, aber das passte nicht mit dem, was man vom Wind hörte zusammen und es war alles andere als stürmisch. Ich lugte also durch eines unser Fenster und was sah ich da zu meinem Erstaunen? Der kleine Onkel und seine Freunde. Während der kleine Onkel unbeteiligt neben Humphrey stand, beobachtete er, genauso wie ich, das Treiben von einem Hengst und einer Stute. Während die Stute immer wieder ihren Kopf gegen den des Hengstes schmiegte und Zärtlichkeiten ausgetauscht wurden, rieb sich der Hengst an Humphrey. Vielleicht hat er sich an Humphrey auch einfach nur den Hintern “gekrault”. Ganz genau kann ich das nicht sagen, jedenfalls tat er dies für eine geschlagene halbe Stunde. Ich denke, auch die Stute ist dem Wahnsinn nahe gewesen und fragte sich, was denn dieser Humphrey mehr zu bieten hätte als sie. Auch das werden wir wohl nie erfahren. Nachdem der Hengst dann genug hatte, ist das turtelnde Paar abmarschiert, der kleine Onkel hat Humphrey noch einen Blick zugeworfen und ist dann den beiden gefolgt. So konnte auch ich dann wieder meine Augen schließen und mir noch ein paar Gedanken zu der Konstellation Mond, Humphrey, kleiner Onkel und Liebespaar machen, bis ich dann auch eingeschlafen bin.

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