Konferenz der Tiere

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Wie das eben so ist mit der Erwartungshaltung. Sie ist meist nicht dienlich und kommt in der Regel nie ohne Herrn Murphy. Keine zu haben, ist daher der bessere Ansatz. Dieses ungeschriebene Gesetz hat sich für uns in den drei Tagen, die wir durch den Etosha Nationalpark gebraust sind, voll und ganz bestätigt.

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Als wir den Etosha-Part unserer Reise geplant haben, war unsere erste Idee, uns nach ein paar Tagen Camping wieder eine nette Unterkunft zu gönnen. Von daher wollten wir in das Dolomite Camp im Etosha. Leider gab es aber keine freien Zimmer. Von daher haben wir uns in Olifantrus auf der Campsite eingebucht. Kurz vor unserer Reise haben wir dann aber doch noch ein Zimmer bekommen, von daher ging es, nachdem wir durch das Galton Gate im Westen von Etosha in den Park gefahren sind, zum Dolomite Camp.

Die Erwartungshaltung war also groß. Mitten im Park, netter Komfort, mit einer tollen Aussicht. Die Aussicht war auch extrem klasse. Das Camp liegt auf einem kleinen Hügel, von dem aus man in die Weite schauen kann und jede Menge Tiere beobachten kann, die von A nach B traben. Das war super. Das Camp als solches, war aber leider ein ziemlicher Reinfall. Das Camp ist erst vier Jahre alt. Geht man in die Zimmer, denkt man eher an 10 Jahre. 10 schlechte Jahre. Der Service, nun ja, ein wenig strange. Zuerst wird man aufgefordert, eine genaue Uhrzeit anzugeben, wann man zu Abend essen möchte und dann sitzt man, als pünktlicher Preuße, zur angegebenen Zeit an seinem Tisch und wartet. Wartet darauf, dass mal jemand vorbei kommt. Nach 20 Minuten haben wir dann mal nachgefragt, ob denn jemand kommt. „Was? Es ist keiner da? Ich dachte da ist jemand. Dann komme ich mal.“

Als wir mit unseren Taschen vom Zimmer zum Auto gelatscht sind, was hier ein weiter und steiler Weg ist, steht einer der Jungs gemütlich am Wegesrand und anstatt uns zu fragen, ob er uns helfen kann, fragt er uns, ob die Taschen nicht zu schwer seien. Als wir die Rezeption darum baten, für uns ein Telefonat zu führen, um zu checken ob es Plätze auf einem Campingplatz gibt, den wir in den nächsten Tagen ansteuern wollten, wurden wir mit einem Blick angestarrt, der nichts anderes sagte, als lasst uns doch einfach in Ruhe. Was wollt ihr eigentlich?

Das war alles eine ziemliche Enttäuschung. Enttäuschend, weil die Location top ist, enttäuschend anzusehen, wie etwas, das mit viel Geld erbaut wurde, so heruntergewirtschaftet werden kann, enttäuschend, weil es mit Freundlichkeit und ein bißchen Enthusiasmus so viel einfacher wäre, nicht nur für die Gäste. Vielleicht liegt das aber auch alles nur daran, dass Dolomite zu NWR gehört. NWR ist ein staatlich geführtes Unternehmen, welches in den Nationalparks Namibias alles vom Campingplatz bis zur Lodge führt. Wir haben mit NWR auch schon ganz andere Erfahrungen gemacht, sehr gute, aber das hier, das war enttäuschend.

Also beim nächsten mal definitiv auf der Olifantsrus Campsite absteigen, die übrigens auch von NWR ist, auch wenn diese keine gloreiche Vergangenheit hat. Hier war mal wieder der Homo Sapiens am Start.

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Genug gejammert, Sachen gepackt und weitergezogen. Auf ins Abenteuer.

Guina-Fowl-High-Diving

Man stelle sich mal vor, dass die Unterkunft super gewesen wäre und der Park als solches eine Entäuschung. Dem war nicht so und vielleicht lag es daran, dass wir vom Park gar nichts erwartet haben. Wir waren vor ein paar Jahren schon mal im Etosha, nur ein Tagesbesuch, mit einer anderen Erwartungshaltung und das war irgendwie ein wenig ereignislos. Dieses mal war das ganz anders.

Um mal eine Vorstellung davon zu bekommen, wie groß Etosha ist, Hessen hat eine Fläche von 21.114 km², Etosha hat 22.275 km² zu bieten. Es ist also groß und es ist voll mit Tieren.

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Natürlich war es auch hier wieder heiß. Mittags hatte die Luft schon wieder Fieber bei 40 Grad. Als wir am ersten Tag nach knapp 200km und 6h im Auto, aussteigen ist nicht erlaubt, mitten im Irgendwo an der Salzpfanne standen, draußen Fieber war und vor einem eine hochschwangere Löwin und im Hintergrund ein paar Tiere an einem Wasserloch in der flirrenden Hitze standen, wurde uns auch ein wenig komisch. Sobald man sich hier nicht mehr bewegt, der Motor nicht mehr läuft, die Klimaanlage einem nicht mehr irgendetwas vorgaukelt, wird es irgendwie beklemmend.

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Da hilft dann nur weiterfahren, auch wenn es schon mehr als spannend ist und wir Stadtkinder uns fragen, wann die Löwin wohl ihre Jungen gebärt und wo das wohl sein wird. Wir wären zu gerne dabei gewesen, war aber in dem Moment wohl für alle Beteiligten zu heiß.

In der Regel ist es nicht gerade einfach mit dem harten, von oben einfallenden Licht Bilder zu machen, die noch irgendwie nach etwas aussehen. Meist passt irgendetwas nicht, oder man muss am Ende mehr Hand anlegen als einem lieb ist, um das darzustellen, was man wiedergeben möchte, also das was man gesehen, gefühlt hat. Anders war es als wir diese Herde Zebras gesehen haben, die in dem grellen, harten, weißen Licht, in einer weißen Landschaft unterwegs waren und den Staub aufgewirbelt haben.

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Oder der Bulle, der ein Schlambad genommen hat, um sich uns im Anschluss daran in seiner ganzen Pracht zu präsentieren.

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Aber noch einmal zurück zum Thema Erwartungshaltung. Die Campsites im Park haben alle, logischerweise außerhalb der Umzäunung dieser, ein Wasserloch, welches man geschützt und gut einblicken kann. Hier ist man, wenn es dunkel wird und der Park so richtig zum Leben erwacht. So hat natürlich jede Campsite auch einen Ruf. In Okaukejo ist der Wasserloch super. Massentourismus, aber die Tierbeobachtungen sind vom Feinsten. Halali hat kein gutes Wasserloch und man sieht nicht wirklich viel. Da das Wort Massentourismus schon in den Ohren Schmerzen erzeugt, haben wir uns natürlich für Halali entschieden.

Als wir ankamen, hat sich vor allem erst mal Humphrey gefreut, weil er Bambi getroffen hat. Bambi ist ein ehemaliger Krankenwagen und wurde von einem netten britischen Pärchen zu einem Campermobil umgebaubt. Bambi hat auch einen Bruder daheim auf der Insel, der Balou heißt. Homo Sapiens eben.

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Aber nun zurück zum Wasserloch in Halali. Nachdem wir uns organisiert haben, sind wir zum Wasserloch. Man muss ja zumindest mal schauen. Gesehen haben wir nicht viel, außer eben das Wasserloch. Erstaunlicherweise waren aber jede Menge Leute da, die alle in hoffnungsvoller Erwartung auf das Nichts gestarrt haben.

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Nach ein paar Minuten des Nichts, Geduld haben wir schließlich nicht erfunden, haben wir uns entschlossen zurück zu Humphrey zu gehen und zu Abend zu essen, um im Anschluss, noch mal zum Wasserloch zu gehen.

Dieses mal ohne Fernglass und ohne Kamera. Das kann, wenn man dem Aberglauben etwas abgewinnen kann, nur Gutes bringen und genau so kam es dann auch. Kaum saßen wir, hörten wir schon Geräusch aus den Büschen, irgendetwas war da. Keine fünf Minuten später betraten im kurzen Abstand zueinander drei Nashörner die Bühne. Nashörner sind eigentlich Einzelgänger, vor allem am Tage. Dieses Verhalten ändert sich aber, wenn man zum großen „get together“ nachts am Wasserloch zusammenkommt. Wir saßen da so gemütlich, genossen den 1. Akt, als ganz unversehens ein Löwenrudel von links kommend die Bühne betrat. Vier Löwinnen mit zwei jungen Löwen. Die Nashörner hat das im Übrigen in keiner Weise interessiert.

Die Löwinnen haben sich, während sie da so tranken, immer wieder in die Richtung umgeschaut, aus der sie gekommen sind und das aus gutem Grund. Nach ca. weiteren zehn Minuten, kamen drei ausgewachsene Löwen ganz langsam auf die Bühne gelaufen. Deren Absicht war keine geringere, als die jungen Löwen zu töten. Ist ja schließlich auch einfacher, dies jetzt zu erledigen, als später, wenn sie größer sind und Ansprüche auf das Territorium erheben. Keine zehn Meter voneinander entfernt, ging eine der Löwinnen sofort auf Angriff und attackierte die voll ausgewachsenen Löwen. Es wurde gebrüllt, gehauen und geschlagen und jede Menge Staub aufgewirbelt. Zeitgleich haben sich zwei der Löwinnen mit den kleinen vom Acker gemacht. Die Löwen haben sich daraufhin aufgeteilt, einer ist in die Büsche verschwunden, zwei blieben vorerst beim Wasserloch. So hat man sich gegenseitig beschäftigt gehalten. Es wurde wieder gekämpft vor unseren Augen, als auch in den Gebüschen. Das ganze ging dann noch einen Moment weiter, bis alle Löwen verschwunden waren und nur noch das Brüllen und Röhren zu hören war.

Das Interessante an dem Schauspiel hier ist, wie nah Jäger und Gejagte beieinander sind, bis es dann im Karton rappelt. Wie viel Zeit sich die Natur lässt. Wären es Menschen, hätten sich die Gejagten schon vor langer Zeit vom Acker gemacht und gehofft, dass sie keiner gesehen hätte. Die Jäger hätten sicherlich in einem Rush angegriffen, mit dem Überraschungsmoment und wären nicht gemütlich in den Konflikt spaziert. Das betrifft hier nicht nur die Löwen unter sich, sondern auch alle anderen Jäger und Gejagten. Sehr, sehr beeindruckend.

Die Nashörner standen übrigens immer noch ziemlich unbeteiligt am Wasserloch. Zwei von ihnen haben sich ein wenig ausgetauscht, in dem sie ihre Hörner aneinander gerieben haben, aber wir waren uns ziemlich sicher, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, ob die Löwen da waren oder nicht.

Nach diesem Spektakel haben wir uns dann vom Acker gemacht, weil uns klar war, dass es nicht mehr besser werden kann. Die ganze Nacht über haben wir das Röhren der Löwen gehört, die keine 100 Meter entfernt von uns die Nacht verbracht haben. Großartig. Nichts erwartet und alles bekommen.

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Am nächsten Morgen ging es wieder zeitig los, wir haben das schöne Licht genossen, welches wirklich nur für eine knappe Stunde weilt und haben probiert diese friedliche Stimmung, auch wenn sie trügerisch ist, einzufangen.

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Wie nicht wirklich anders zu erwarten, wurde es auch an diesem Tag wieder heiß. Sehr heiß. So heiß, dass einige sich entschieden haben im Schatten einfach zu erstarren, weil die Gefahr in der Sonne, größer ist, als der Humphrey neben einem. Wo doch jeder weiß, das Humphrey unberechenbar sein kann. Aber genug der Worte…

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Wir hoffen, dass die Bilder hier ein wenig das Gefühl vermitteln können, das wir hatten, als wir mit Humphrey bei 40 Grad Teil der Konferenz der Tiere sein durften, um am Ende, wirklich am Ende der Welt zu sein…

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…na gut, den Abgrund haben wir aber dann doch nicht gesehen.

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